Als Lok 21 „Hagen“ noch dampfte

Geilenkirchener Kleinbahn mit Hasper-Hüttenlok

Die Selfkantbahn war jährliches Ziel, mindestens zu Pfingsten – bis zuletzt. Keinen Schimmer ob noch ältere Bilder der Selfkantbahn auftauchen, bis dahin jedenfalls sind die Bilder dieser Serie, die vielleicht auch zu Pfingsten, sicher aber 1979 entstanden, die ältesten die ich aus dem väterlichen Archiv zur Selfkantbahn beisteuern kann.

Und es werden sicher nicht die letzten Bilder bleiben – viel zu oft war man dafür an der Selfkantbahn und viel zu viel Interessantes gab es zu entdecken. Kern dieses Artikels bildet der Besuch  1979 und nicht zuletzt die zu der Zeit dort in Betrieb befindliche Dampflok Nr. 21, die zu einem späteren Zeitpunkt noch auf den Namen „Hagen“ getauft werden sollte. Gemeint ist damit keinesfalls der Männername, sondern die Stadt in Nordrhein Westfalen.

Die KDL-10 Lok Nr. 21 der Hasper Hütte

Die Hasper Hütte war ein Walz- und Puddelwerk in Hagen. Ehemals eigenständig wurde Haspe im Rahmen der Gemeindegebietsreform, genauer der Kreisreform, am 1. August 1929 der Stadt Hagen zugeordnet. Damit gehörte die Hasper Hütte, die als bedeutendes Zentrum der deutschen Stahlindustrie galt, fortan zur Stadt Hagen.

Um sich die Dimension der Hasper Hütte klar zu machen muss man wissen, dass das Werk in seiner Blüte mit einer Ausdehnung von 4km Werksgelände über 7000 Angestellten Lohn und Brot gab und über 50 werkseigene Lokomotiven verschiedener Spurweiten betrieb. Eine dieser Lokomotiven war die Lok Nr. 21 mit 1000mm Spurweite. Sie wurde 1956 von der Lokomotivfabrik Arnold Jung, Jungenthal unter der Fabriknummer 12784 der Hasper Hütte übergeben. „Hasper-Hütte“ war zu diesem Zeitpunkt allerdings nur noch der Volksmund wie der heutige Signal-Iduna-Park weiter Westfalenstadion heißt. Im Ruhrgebiet wechselten häufig Besitzmäßigkeiten und Anteile an Firmen, die zu bis zur Unüberschaubarkeit gewachsenen Industriekomplexen heranwuchsen. Auch die Hasper Hütte ging in einer langen Geschichte schließlich 1923 in die Klöckner-Werke AG über, die mit dem neuen Standort in Bremen Anfang der 70er Jahre das Ende der Hütte in Haspe einläutete. Bereits 1972 ging die Lok Nr. 21 in den Besitz der Selfkantbahn über.

Den Namen Hagen erhielt Dampflok 21 allerdings erst ein Jahr später, nachdem diese Aufnahmen entstanden. Den harten Einsatz auf der Hütte kann man ihr auch 1979 noch ansehen – wie eine herausgeputzte Museumslok sieht sie noch nicht aus – aber das macht gerade den Charme dieser Bilder aus. Die Dampflok Hagen ist eine klassische KDL-10 (Kriegsdienstlokomotive) Lok, wie sie der Echtdampf-Modellbahner in Spur G nur allzu gut kennt. Loks diesen Typs waren als Katalogmodelle mit verschiedenen Eigenschaften fertig konfektioniert bestellbar.

Das erste Mal das immergleiche Spiel

Über die A1 und A4 ging es von Remscheid, vorbei an den imposanten Kühltürmen des Kraftwerks Weisweiler, Richtung Selfkant. Nach der Autobahn eine Ewigkeit über die Landstraße. Warum man nicht die A46 genommen hat… ich habe nie gefragt.

Angekommen in Schierwaldenrath bietet sich seit jeher mehr oder weniger dann folgendes Bild:

Der Bahnhof Schierwaldenrath der Selfkantbahn befindet sich ganz im Süden des Ortes. Im Laufe der Zeit ist der Bahnhof in der Breite immer weiter nach Süden gewachsen, sodass er heute fast schon aus dem Ort ragt. Die Lok 21 steht mit einem typischen Kleinbahnzug hier bereits am Bahnsteig, der zu diesem Zeitpunkt noch ausschließlich in Richtung der Straße „Am Bahnhof“ angelegt ist. Diese Situation hat sich im Vergleich zu heute komplett geändert. Auch schön, wenn mal nicht alles zurück gebaut wird, sondern wächst. Heute ist Schierwaldenrath ein sehr schön herausgeputzter und detaillierter Kleinbahn-Bahnhof, zu dem in späteren Artikeln noch eingegangen werden wird.

Eine weitere Aufnahme zeigt den kompletten Zug noch einmal aus besserer Perspektive von der anderen Seite:

Das schlechte Wetter, auch das sollte irgendwie eine Konstante werden in den folgenden Jahrzehnten, lag irgendwo über Geilenkirchen. Für ein Foto des gesamten Zuges gab es praktisch ideales Licht. Im ersten Personenwaggon schaut gerade mal eine Person aus dem Fenster. Überhaupt wirkt die Selfkantbahn wenig überlaufen. Das Stöhnen meines Vaters und das tiefe Ziehen an der Pfeife ob der ermüdenden Parkplatzsuche aus späteren Jahren habe ich noch gut im Ohr. Hier scheint es keine Probleme mit der Parkplatzfindung gegeben zu haben. Mittlerweile hat sich dieses Problem ohnehin deutlich entspannt. Die Person, die dort aus dem Fenster des ersten Waggons schaut ist, wie es der Zufall will, meine Mutter. Dazu später mehr. Werfen wir noch erst einen Detailblick auf Lok 21, dafür sind wir ja hier!

Am Rande sei zuvor bemerkt, dass das Rohr aus der Häuserwand hinter der Lok eine interessante Zielposition zu entfalten vermag… Wie bereits oben beschrieben, sieht man der Lok durchaus noch ihren ursprünglichen Einsatzzweck, Einsatzort und die harte Arbeit an. Es war halt ein Arbeitstier und ist kaum zu vergleichen mit den heute herausgeputzten Museumsloks der Selfkantbahn. Überhaupt macht auch das Rollmaterial noch nicht unbedingt den besten Eindruck zu dieser Zeit, die wohl für die Museumsbahner mehr davon geprägt war erstmal im Land zu retten, was es noch zu retten gab. Erst in späteren Jahren entwickelte sich der heute besterhaltene und gepflegte Fuhrpark der „letzten Kleinbahn in Nordrhein-Westfalen“ lt. eigener Werbeaussage, die vor allem dann gültig ist, wenn man die Märkische Museumsbahn / Sauerländer Kleinbahn geflissentlich ignoriert.

Kommen wir zurück zur Mutter. Die hat sich mit dem zur Verfügung stehenden Kindermaterial bereits einen Platz am Fenster ergattert. Der erste der Sippe ist offenkundig gar nicht dabei und der letzte (ich) noch nicht geboren. Mit der ersten Ankündigung sollte ich mir auch noch ein gutes halbes Jahr Zeit lassen.

Ab nach Gillrath

Den Zug bestiegen, und zuletzt durfte ich dies zusammen mit meinem Vater 2012 unternehmen, ging es dann in ländlicher Idylle die 5,5km von Schierwaldenrath nach Gillrath – bis heute Endpunkt der Museumsbahn und die maximale Streckenlänge, die 1972 noch von der ehemaligen Geilenkirchener Kleinbahn gerettet werden konnte. Von der Fahrt selbst gibt es bis dato noch keine Fotos, allerdings weist die Dia-Serie genau hier einige Lücken auf. Möglich dass die fehlenden Puzzleteile noch gefunden und dann hier ergänzt werden.

Für die Rückfahrt muss umgesetzt werden. Das Rangiermanöver wurde natürlich ebenfalls auf dem Dia-Film festgehalten. 1979 und alle Jahre wieder mit so vielen wechselnden Motiven. Denn neben den selfkantbahneigenen Schmalspurlokomotiven gaben im Laufe der Jahre so einige Gastlokomotiven ihre Aufwartung, die nach und nach alle hier erscheinen werden.

Das abschließende Bild zeigt den Zug mit bereits umgesetzter Lok in Gillrath, wo Lok Hagen den Zug Richtung Bahnsteig drückt.

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Kartenansicht

Die Kartenansicht enthält alle Bilder, zu denen Standorte bekannt oder rekonstruierbar sind. Da es sich um historische Aufnahmen handelt, sind dies natürlich Näherungswerte und nicht auf den Meter genau.

2 Kommentare

  • Martin Schiffmann schrieb
    | » Antworten

    Hier einige Anmerkungen zu Vaters Ausflügen in den Selfkant:

    1) Die Hasper Hütte war ein Hüttenwerk mit angegliederten Walzwerken, ein Puddelwerk war sie schon vor 1900 nicht mehr – denn das Verfahren des Puddelns (aus dem Englischen: to puddle = Rühren von Roheisenklumpen) wurde schon Mitte bis Ende des 19. jahrhundert durch Verfahren von Besssemer, Thomas (Thomas-Konverter) und den Herren Siemens und Martin abgelöst)

    2) Es ist logisch, dass der Vater die A 46 mied, denn diese hörte bis Mitte der 1980er Jahre von Wuppertal kommend irgendwo vor oder in Düsseldor auf – die Rheinquerung kam erst mit der Fleher Brücke Mitte der 1980er Jahre. Zudem teilt sich die A46 im Stadtgebiet von Neuss bis heute die Fahrspuren mit der A57, was Stau vorprogrammiert.

    3) Ein offenbar nicht auzurottender Fehler ist die Ansicht, die Lok wäre in Haspe in 1000 mm Spur gelaufen – dem war nicht so. Die Lok wurde (wie ihre beiden Schwesterloks) mit der Spurweite von 900 mm an die Schlackenbahn der Klöckner Hütte in Hagen-Haspe ausgeliefert. Bei der Schlackenbahn zur Schlackenkippe in Enerke handelte es sich im weitestens Sinne quasi um die „Reste“ der einstigen 900 mm Harkortschen Kohlenbahn.

    In den 1970er Jahren wurden die Loks in der Hauptwerkstatt der Duisburger Straßenbahn von 900 mm auf 1000 mm umgespurt.

    4) Die Selfkantbahn ist tatsächlich die letzte erhaltene schmalspurige Kleinbahn in NRW, die vorletzte war die Hohenlimburger Kleinbahn. Was da in Plettenberg herumfährt, ist eine umgenagelte 1435 mm Staatsbahnstrecke – schön anzusehen zwar, aber ohne wirklichen historischen Bezug als schmalspurige Kleinbahn.Was da bei Gütersloh wie eine Bahnhofsmodelleisenbahn von Trix immer im Kreis um eine Gaststätte herumfährt, schimpft sich zwar auch Kleinbahn, aber hat bei genauerer Betrachtung soviel mit einer Kleinbahn gemeinsam wie ein Dixiklo mit einem Feuerwehrauto.


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