Mit 050 913-3 & 094 207-8 nach Cronenberg, auf die Nordbahn und Samba

Dampf rund um Wuppertal der IG Historischer Schienenverkehr e.V.

„Mit Dampf rund um Wuppertal“ hieß es an jenem Märztag im Jahr 1972. Die Sonderfahrt stand unter einem im wahrsten Sinne des Wortes guten Licht denn die Sonne schien. Das ist angesichts der vielen verregneten Sonderfahrten im Bergischen Raum dieser Zeit schon eine Erwähnung wert. Man machte sich auf mit der Super8 Kamera um dieses Ereignis festzuhalten.

Aus diesem Grund gibt es auch nahezu kein Bildmaterial im sonst üppig gefüllten Archiv. Gerade einmal zwei Aufnahmen haben es ins Refugium geschafft, wovon eines als Artikelbild dient. Beiden Aufnahmen ist gemein, dass der DIA-Film nicht unbedingt einen Benchmark setzen kann was das Auflösungsvermögen angeht. So gesehen ist es sogar ganz gut dass es viel mehr Film als Dias gibt. Schön an diesem Material ist vor allem, dass sich hier auf die 3 Stichstrecken der Burgholzbahn (Samba), der Korkenzieherbahn sowie der Nordbahn konzentriert wurde und einmal nicht um die Bergisch-Märkische-Strecke durchs Tal.

Die IG Historischer Schienenverkehr e.V.

Die bereits 1969 gegründete Interessensgemeinschaft Historischer Schienenverkehr e.V. kurz IHS ist heute vielen wohlbekannt, auch wenn der Name deutlich im Hintergrund steht. Mit der Wiederinbetriebnahme des letzten Teilstücks der ehemaligen Geilenkirchener Kleinbahn von Gilrath nach Schierwaldenrath sind sie auf der 5,5km langen, letzten originären Kleinbahn in Nordrhein Westfalen heimisch und unter dem Namen Selfkantbahn bekannt geworden. Hier sehen wir dass die IHS auch vor den Aktivitäten der Selfkantbahn ab 1972 bis heute durchaus umtriebig war – zur Freude der Eisenbahninteressierten in dieser Region.

Die Sonderfahrt, so liest es sich aus dem Internet heraus und das gibt einem auch der prall gefüllte Sonderzug im Video zu verstehen, war wohl ein voller Erfolg! Es sei auch noch erwähnt: Sie ist nicht mehr nachzuholen. Alle hier in diesem Video gezeigten Strecken sind heute Rad- und Wanderwege (Von Vohwinkel am Schluss des Videos einmal abgesehen).

Die Sonderfahrt über die heutige Nordbahntrasse, Sambatrasse und Korkenzieherbahn im Video

Hier nun das Video:

Der Zuglauf / Umlaufplan der Sonderfahrt

Wer nähere Details hat möge jetzt schreiben oder für immer Schweigen! Was ich rekonstruieren konnte, war:

W.-Elberfeld – W.-Cronenberg – W.-Elberfeld (mit BR 50) W.Oberbarmen – W.-Loh (mit BR 94) – W.-Hatzfeld – W.-Loh (mit Straßenbahnlok der Wuppertaler Stadtwerke auf ehemaliger Strab.-Strecke) – W.-Elberfeld (mit BR 94). Abfahrt 13.50 h, W.-Elberfeld, Bf Fahrpreis DM 9,50. Quelle

Videobesprechung

0:05min: Einfahrt in Wuppertal-Cronenfeld

Von 0:05min – 0:50min sehen wir die Einfahrt (und Nachschuss) der Einfahrt nach Wuppertal Cronenfeld. Wir befinden uns also auf bzw. an dem heute als Sambatrasse bekannten Fuß- und Radweg. Zu Zeiten der Eisenbahn hieß die Strecke nur kurz „Samba“ und war eine Stichstrecke von Elberfeld bzw. Wuppertal-Elberfeld (ab 1929) nach Wuppertal-Cronenberg. Die Kilometrierung beginnt im Bf. Steinbeck und bis Cronenberg hoch erreicht sie 10,5km. Bei Cronenfeld hat der Zug bereits 9,3km davon hinter sich gebracht und auch das schwerste Stück der Strecke, die Steigung vom Bf Steinbeck bis zum Bf Küllenhahn hinter sich gebracht. Wer sich mit der Lokalität dort auskennt oder gar schon mit dem Fahrrad die Sambatrasse erradelt hat wird es wissen: Gut 140 Höhenmeter möchten von Steinbeck – Küllenhahn bezwungen werden. Der Zug hat dafür am Zugschluss noch 094 207-8 als Schublok angehangen und dem Vernehmen nach war die Steigung keine allzu große Aufgabe für die beiden Loks.

0:50min: Ausfahrt aus Wuppertal-Cronenberg

050 913-3 Bf Wuppertal-Cronenberg, 19.03.1971Die noch tief stehende Märzsonne hat mich dazu bewogen die Bilder aus dem Bahnhof Cronenberg nicht zu veröffentlichen bzw. mit in dem Film zu belassen. Zu hoch ist der Kontrast und zu wenig sieht man vom eigentlichen Geschehen. Möge der Bildausschnitt rechts als Beweisführung reichen dass man auch wirklich nicht viel Material verpasst.

Deshalb zeigt die nächste Aufnahme von 0:50min – 1:20min nur die Ausfahrt aus Cronenberg in „Nachschuss-Ansicht“, also dem Zug hinterherschauend. Mein Vater ist dafür kurzerhand auf die andere Seite des Gleises gehüpft. Wie ersichtlich wurde in Cronenberg „Kopf gemacht“, also die Lok an das andere Ende des Zuges rangiert. Das betrifft allerdings nur die Wedauer 050 913-3, die Vohwinkler 094 207-8 blieb am Zugende. So verließ der Zug wieder die Wuppertaler Höhen im Süden hinab über Küllenhahn und einigen Haltepunkten zurück nach Elberfeld.

1:20min: Einfahrt Richtung Wichlinghausen

Der Sonderzug durchfuhr nun über die Tallinie Wuppertal bis Langerfeld und überquerte sie dort um auf die Nordbahn zu kommen. Noch immer Tender voraus sehen wir den Sonderzug bei der Einfahrt nach Wichlinghausen von Langerfeld aus kommend. Nun ist der Sonderzug auf der Nordbahn in dem damals nicht mehr ganz so, aber immer noch großen Güterbahnhofsbereich. Dort wurde 050 913-3 wieder an den Zuganfang gesetzt, also Kopf gemacht und es ging auf den Gleisen, die ab 1:44min links im Bild verschwinden auf die Nordbahntrasse in Richtung Heubruch. Zuvor wurde aber natürlich noch in Wichlinghausen gehalten. Die Bahnhofsgleise für den Personenverkehr schließen untmittelbar an den Gleisen an jenem genannten Zeitabschnitt an. Gefilmt wurde dann wenige Meter weiter westlich die eigentliche Einfahrt in geschwungenen Bahnhof von der Fußgängerbrücke am Bahnhofsende. Dort kann man im Hintergrund auch noch das Stellwerk Wf (früher Of) erkennen. Es markiert den Standort beim „Nachschuss“ ab 1:43min.

2:07min: Ausfahrt Wichlinghausen

Die erste kurze Sequenz zeigt eine Menge Publikum. Die meisten davon werden wohl Teilnehmer der Fahrt gewesen sein wenn bei der tatsächlichen Abfahrt ab 2:09min hat sich das Bahnsteigende an dem 050 913-3 steht doch merklich geleert. Was allerdings in den zwei Sekunden abermals aufällt und mir schon bei vielen alten Videos aufgefallen ist, ist der freizügige Umgang damit im Gleis zu stehen. Eine wirklich merkliche Sensibilisierung dafür das nach Kräften zu unterlassen muss erst später stattgefunden haben. Es werden noch einige Videos veröffentlicht werden wo man „munter“ im Gegengleis steht.

Die Szene endet ab 2:36min mit einem Nachschuss auf die Ausfahrt. Leider herrscht dort das totale Gegenlicht, was die Aufnahme dort nicht unbedingt besser macht um vorsichtig zu formulieren. Der Zug überquert noch die Brücke über die Max-Planck-Str. und steuert damit direkt auf das unmittelbar dahinter befindliche Wichlinghauser Viadukt zu. Der zug passiert nun noch einige Kilometer auf der Nordbahn, wovon mangels geeigneter Verfolgung (der Zug ist einfach zu schnell) keine weiteren Aufnahmen existieren.

2:40min: Einfahrt in Solingen-Gräfrath

Es wirkt ein wenig so wie das Kleinwalsertal in Österreich, welches nur über eine Landstraße aus Deutschland aus erreichbar ist. Solingen-Gräfrath war ab 1968 auch so etwas wie eine Enklave Wuppertals. Wir befinden uns mittlerweile auf der Korkenzieherbahn, die später den Namen Korkenziehertrasse erhalten sollte und heute ebenfalls als Fuß- und Radweg erlebbar ist. Von Vohwinkel aus machte sich der Zug auf nach Gräfrath, welches natürlich zur Stadt Solingen gehört. 1942 stellte man auf der Korkenzieherbahn, der Verbindungsbahn zwischen Solingen-Ohligs (seit 2006 Solingen Hbf) und Wuppertal-Vohwinkel, bereits den Personenverkehr ein. 1958 bereits wurde das Teilstück zwischen Solingen-Gräfrath und Solingen-Wald stillgelegt und zehn Jahre später ganz entfernt. Damit war Gräfrath eisenbahntechnisch nur noch über Wuppertal zu erreichen. Genau das passierte an diesem Tag und die Einfahrt ist mit Nachschuss ab 2:40 festgehalten.

3:07min: Ausfahrt aus Solingen-Gräfrath

Da es nun nicht mehr weiter ging (und wie gerne wäre man wohl weiter gefahren), hieß es wieder zurück nach Vohwinkel. Diesmal führte 094 207-8 den Zug an, was sie mit Schleudern bei 3:39min für den Videofilmer gerade noch im rechten Moment kund getan hat. Die nur noch sporadisch genutzten Schienen waren zumindest in dem Bereich erstmal wieder blank. Bis 4:02min wechselt die Kameraperspektive mehrfach und zeigt die Ausfahrt.

4:02: Auf der „Langen Brücke“ in Wuppertal-Vohwinkel

Das genaue Zustandekommen der beiden letzten Szenen kann ich nicht mehr genau rekonstruieren. Wir sehen zunächst 094 207-8 Lz durch die (damals noch eindrucksvolleren) Gleisanlagen in Wuppertal-Vohwinkel. Der Videostandort ist auf „Zur Langen Brücke“. Links (nicht im Bild) befindet sich das Bahnhofsgebäude Vohwinkels. Ebenfalls in Vohwinkel auf der „Zur Langen Brücke“, allerdings diesmal mit Blick Richtung Gruiten sehen wir abschließend wie sich 050 913-3 durch die Weichenstraße begibt.


Exkurs: Konkurrenzanalyse der Bergisch-Märkischen-Strecke und der Rheinischen Strecke

Das verbindende Element dieser Sonderfahrt war die Bergisch-Märkische-Strecke (BME). Sie verläuft in der Talsohle Wuppertals. Von dort aus gelang der Zug sowohl hoch nach Cronenberg, als auch auf die Nordbahn und nicht zuletzt über die Korkenzieherbahn bis Solingen-Gräfrath. Bei den ausgeprägten Gleisanlagen in der Talsohle Wuppertals darf man sich wundern, warum z.B. in Wuppertal-Wichlinghausen ebenfalls derart große Bahnanlagen entstanden. Außerdem ist die Nordbahn geprägt von topografisch anspruchsvoller Bauweise, was sie heute beliebt als Fuß- und Radweg macht. Die Nordbahn(trasse) konnte nur mit zahlreichen und ineinander abfolgenden Brücken und Tunneln realisiert werden, während die Bergisch-Märkische-Strecke fast schon langweilig daherkommt.

Der Grund liegt in der damaligen Konkurrenzsituation nicht staatlicher Eisenbahnen zur Gründerzeit. Es gab bezogen auf Wuppertal zwei wesentliche Kontrahenten:

  • Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft
  • Bergisch-Märkische-Eisenbahn

Die Nordbahn ist also tatsächlich so etwas wie eine Konkurrenz zur Talline gewesen und in den Anfangsjahren trotz der schwierigeren Topografie und den damit höheren Baukosten auch konkurrenzfähig gewesen, was auch die Nordhöhen Wuppertals prosperieren ließ. Die Nordbahn hatte einfach ein günstigeres Streckenprofil. Dieser Vorteil schwand allerdings im Laufe der Zeit und heute ist von der ehemaligen Verbindung von Düsseldorf nach Dortmund nichts mehr übrig, nachdem die Streckenfühung der Bergisch-Märkischen-Strecke direkt im Tal sich als besser geeignet zeigte. Sämtlicher Zugverkehr geht nun durch die noch immer vorhandene Talline der Bergisch-Märkischen-Strecke. Auch die Fernzüge hielten seit jeher im Tal, während die Nordbahn primär den Nahverkehr bediente. Architektonisch und landschaftlich reizvoller war die Nordbahn in jedem Fall, aber nackte Zahlen interessieren sich bekanntlich nicht für Schönheit.

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Kartenansicht

Die Kartenansicht enthält alle Bilder, zu denen Standorte bekannt oder rekonstruierbar sind. Da es sich um historische Aufnahmen handelt, sind dies natürlich Näherungswerte und nicht auf den Meter genau.

Ein Kommentar

  • Thomas Höfling schrieb
    | » Antworten

    Ab 4:08 ist für wenige Sekunden der vor der Einweihung des jetzigen Empfangsgebäudes im Jahre 1908 genutzte „alte“ Vohwinkeler Bahnhof zu sehen!!!
    Er ist ein Jahr nach den Aufnahmen (also 1973) leider abgerissen worden.

    Die Aufnahme ist sensationell. Ob es überhaupt eine weitere Filmaufnahme dieses Bahnhofes gibt???


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