Wie für den Freundeskreis Eisenbahn Köln e.V. üblich – und nicht weniger naheliegend – war man von Köln aus zu der diesjährigen Karsamstagsfahrt gestartet. Die Reise führte ab Köln über eine Strecke, über die hier im Artikel zu sprechen sein wird, nach Trier, sowie von dort weiter über die Grenze nach Luxemburg und zurück nach Köln. Als vielbeschäftigter Familienvater gab man sich nicht das volle Programm, sondern wagte lediglich den Abstecher (geografisch) runter in die Eifel. Von Köln bis Trier-Ehrang übernahm 23 075 den Zug, wovon auch diese Aufnahmen handeln. Ab Trier übernahm 23 072 sowie 23 076.
Der erste Blick auf 23 075 in Kall
Das Artikelbild zeigt den Zug bereits in Sötenich, einem südlichen Ortsteil von Kall. Am Bahnhof Kall selbst, der sich weiter nördlich befindet, entstanden jedoch die ersten Aufnahmen, womit wir nun auch hier beginnen. Die erste Aufnahme ist ein schönes Panorama, welches während der Einfahrt in den Bahnhof geschossen wurde. Auf dem Gegengleis steht gerade ein Uerdinger Schienenbus Richtung Scheven. Den Kaller-Tunnel, der sich ein paar hundert Streckenmeter weiter nördlich befindet, hat man sich an diesem Tag geschenkt – wohl aus Sorge den Zug hinterher nicht mehr rechtzeitig zu erwischen.
Eine weitere Aufnahme zeigt die Einfahrt, während 023 075-5 am Triebwagen vorbei in den Bahnhof Kall einfährt. Hier sieht man nun die BR 23 auch erstmals aus der Nähe.
Noch eine Aufnahme aus Kall. Im Hintergrund erkennen wir den Kirchturm der St. Nikolaus Kirche in Kall. Die auf dem oberen Bild grell leuchtenden Randsteine des Bahnsteigs werden mit dem folgenden Bild ebenfalls geklärt: Offenkundig wurde der Bahnhof zu der Zeit gerade saniert. 23 075 steht am neuen Bahnsteig.
Eine letzte Aufnahme aus Bf Kall, kurz vor der Ausfahrt.
Sötenich
Nun war es auch höchste Zeit sich wieder ins Auto zu schwingen, um sich weiter südlich an der Strecke neu zu positionieren. Ziel war Sötenich und der Empfang des Zuges dort ist bereits mit dem Titelbild des Artikels dokumentiert. Von dieser Stelle gibt es zudem einen vorzeigbaren Nachschuss, der die Lok bei der Arbeit zeigt.
Durchfahrt in Blankenheim
Zwei Aufnahmen entstanden in Blankenheim (Wald).
Hier ist der Name Programm. Die erste Aufnahme ist leider etwas unscharf, der Vollständigkeit halber sei diese Aufnahme aber dennoch hier veröffentlicht. Sie zeigt 23 075 gerade aus der Rechtskurve kommend Blankenheim ansteuernd. Allerdings, der Dampfausstoß sowohl über den Schornstein, wie auch über die geöffneten Zylinderventile mögen es verraten: In Blankenheim gab es keinen Halt, sondern wurde mit Volldampf Richtung Jünkerath durchfahren.
In Blankenheim entstand auch die einzige Hochkant-Aufnahme, die ein Nachschuss vom selben Fotostandort auf der Brücke der B258 ist und zumindest in Teilen das Bahnhofsareal erahnen lässt.
Blankenheim (Wald) liegt am westlichen der gut 8000 Einwohner zählenden Gemeinde Blankenheim. Die Eifelstrecke ist heute die einzige Zugverbindung, die den Ort anläuft. Früher gab es in Blankenheim (Wald) den Abzweig der Strecke Obere Ahrtalbahn, welche Wald mit dem Ortskern verband. Sie hatte das Sterben der Nebenbahn in den 70er und 80er Jahren nicht überlebt. Die 25km lange, eingleisige und niemals elektrifizierte Strecke ist heute komplett zurückgebaut. Die Bahnstrecke Ahrdorf-Blankenheim ging von der westlichen Flanke des Bahnhofs ab und überquerte die Eifelstrecke in einer langen Rechtskurve.
23 075 in Jünkerath
Das nächste und letzte Ziel der Verfolgung des Sonderzuges war Jünkerath. Jünkerath sollte mein Vater noch öfters besuchen im Laufe der Jahrzehnte. Neben der Eifelstrecke, an der Jünkerath liegt, mündete die alte Vennquerbahn nach Malmedy in Jünkerath. Dieser Abzweig ist auf dem Foto zu erkennen – zumindest aber zu erahnen. Er geht links ab. Die reizvolle Strecke nach Belgien ist heute ein ebenso reizvoller Radweg; immerhin.
Ein Nachschuss auf den Sonderzug offenbart die eisenbahntechnische Bedeutung Jünkeraths für die eher ländlich geprägte Eifelstrecke von Köln nach Trier. In Jünkerath war was los.
Die Eifel war eisenbahntechnisch durch ihre topografische Lage nicht unbedingt vom Glück geküsst. Während an Rhein und Ruhr die Trassierung der Strecken vergleichsweise einfach durchzuführen war, hatte die Eifel gehörig das Nachsehen, was in Folge der zunehmend teureren Transportkosten ohne Bahn die hiesige Wirtschaft in arge Misslage brachte. Dennoch waren die stählernen Rösser immerhin im Jahr 1870 schon bis Jünkerath vorgedrungen und im November 1870 konnte der Bahnhof eingeweiht werden. Der Grund lag aber weniger am guten Willen der Rheinischen Eisenbahngesellschaft, viel mehr galt es Köln und Trier miteinander zu verbinden. Die Freude darüber war auf Seiten derer, die an der schlussendlichen Trassierung ansässig waren.
Durch zwei in Jünkerath mündeten Strecken der Mittleren Ahrtalbahn sowie der Vennbahn entwickelte sich der Standort Jünkerath zu einem Bahnknotenpunkt, obwohl mit Gerolstein ein weiterer Bahnknotenpunkt nur wenige Streckenkilometer entfernt war. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der dünnen Besiedelung der Eifel außergewöhnlich – und natürlich längst Geschichte.
Jünkerath, die Eisenbahn und der Krieg
Ein kurzer Abriss über Jünkerath wäre nicht vollständig, würde man nicht die strategisch wichtige Bedeutung zu Zeiten des Ersten Weltkriegs erwähnen. Hier war Jünkerath ein unbedingt zu haltender und kaum zu ersetzender Umschlagplatz für Soldaten und Material. Wie das Eisenbahnmuseum Jünkerath auf ihrer empfehlenswerten weil sehr ausführlichen Website zu berichten weiß, wurden alleine über den Abzweig der Ahrtalbahn im Ersten Weltkrieg 40.000 – 50.000 Soldaten befördert.
Auch im Zweiten Weltkrieg kommt der Eifelstrecke im Allgmeinen und Jünkerath im Besonderen eine nicht unmaßgebliche Bedeutung zu, galt es doch damals den wahnsinnigen Westwall im Süden voranzutreiben, welcher Unmengen an Material verschlingen sollte, was natürlich über die Schiene am besten zu transportieren war. 850 Eisenbahner waren im Jahr 1939 in Jünkerath mit der Bewirtschaftung der Schiene und vor allem dem Zugmaterial beschäftigt. Es entstand ein großes Bahnbetriebswerk zur Versorgung und es waren die Lokomotiven aus Jünkerath, die die Hauptlast auf der Eifelstrecke zu schultern hatten.
Widmen wir uns aber nun wieder dem Sonderzug des Freundeskreises Eisenbahn Köln e.V. Während des Aufenthalts in Jünkerath entstand diese Aufnahme vom Sonderzug im Bahnhof. Im Hintergrund erhebt sich die Katholische Pfarrkirche St. Antonius von Padua, im Vordergrund dampft und rußt 23 075 den Bahnhof ein. Neben dem Publikum sehen wir zudem einen alten Wasserkram mit bemerkenswert langem Ausleger. Für die Versorgung der Dampflok war in diesen Tagen noch gesorgt.
Die Ausfahrt aus Jünkerath konnte ebenfalls festgehalten werden, da man ausreichend Zeit hatte den Zug beim nächsten Fotostandort zu erwischen. Links im Bild erhebt sich wieder die Pfarrkirche St. Antonius Jünkeraths und 23 075 fährt mit Volldampf Richtung Gerolstein aus Jünkerath aus.
Auch hier war noch genug Zeit für einen Nachschuss der ebenfalls veröffentlichbar ist, zeigt er doch die „gute alte Dampflok“, wie sie bildlich kaum besser darstellbar wäre, oder? Der Pedant mag anmerken, dass man den Signalflügel des linken Signals gerne noch vollständig hätte ablichten können. Natürlich wäre es ein leichtes ihn mit heutiger EBV reinzumontieren, aber wollen wir mal nicht übertreiben!
Hiermit endet die Verfolgung – sofern nicht noch weitere Aufnahmen auftauchen, die dann selbstverständlich ergänzt werden. 23 075 trat seine Reise weiter an der Kyll entlang über Gerolstein Richtung Trier an. Hier wurde dann umgespannt auf 23 072 & 23 076 und die Reise ging weiter nach Luxemburg.
Mein Dank geht (erneut) an die Mitglieder des Historischen Forums von Drehscheibe Online, welche hilfreich zur Seite standen!
Dampflok 23 075 & Baureihe BR 23
Zum Einsatz bei dieser Sonderfahrt kam die vergleichsweise junge 23 075, die natürlich unter ihrer EDV-Nummer 023 075-5 für den Gesellschaftssonderzug abgestellt wurde. 23 075 wurde 1956 mit der Seriennummer 12510 als Personenzuglokomotive beim Hersteller Arnold Jung Lokomotivfabrik der Deutschen Bundesbahn übergeben und verfügte schon ab Werk über Indusi. Jung baute mit insgesamt 51 Maschinen die meisten dieser Gattung. 1972 erhielt 23 075 zudem als letzte ihrer Art einen Umbau auf Nassdampf. Die Baureihe 23 sollte vor allem ein adäquaten Ersatz für die in die Jahre gekommene preußische P8 darstellen und konnte diesbezüglich auch durchaus überzeugen, da sowohl Leistung als auch der Energieverbrauch gegenüber der P8 deutlich verbessert werden konnte. In den Baujahren von 1950-1959 entstanden so insgesamt 105 Maschinen der Baureihe 23. 23 075 überlebte den Traktionswandel nicht. Ausgemustert wurde sie im Oktober 1975 im Bw Saarbrücken. Insgesamt acht Maschinen der Baureihe sind allerdings noch erhalten, wovon fünf betriebsfähig sind.
Ein Kommentar
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Ganz toller Bericht!
Ich habe alles gegeben, jetzt bist Du am Zug!
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