Wie die Dampflok nach Radevormwald kam

Überführung von 52 8086 nach Dahlhausen-Wupper

Ein wenig Aufbruchstimmung lag in der Luft. Mehr politisch als eisenbahntechnisch „gelang“ es Radevormwald Mitte der 90er Jahre „ganz ohne Zutun“ eine Denkmallok zu bekommen, die ihren Sockel nie gesehen hat. Politisch wollte man das Monster in Radevormwald nämlich gar nicht von der Deutschen Bahn geschenkt haben. Es war nicht das einzige mal dass ein Denkmalgeschenk die Stadtverwaltung Radevormwalds in Unruhe versetzte, aber das wäre eine andere Geschichte.

Man suchte nach Alternativen Standorten für 52 8086. Ursprünglich war angedacht die Lok, die wohlgemerkt über keinerlei Bezug zu Radevormwald verfügt, als Denkmallok an dem heutigen Busbahnhof in Radevormwald aufzustellen. Zwar ist hier und da in den Lokalmedien immer mal wieder zu lesen die BR 52 wäre deshalb in Betracht gezogen worden, weil dieser Typ früher die Strecke von Wuppertal nach Radevormwald bediente, jedoch handelte es sich bei den Vohwinkler Loks bekanntlich nicht um die Baureihe 52 sondern um die Baureihe 50.

Diese Ungenauigkeit wäre aber wohl ohnehin den wenigsten aufgefallen, die die Lok auf dem Sockel am Radevormwalder Busbahnhof bestaunt, bestiegen oder beschmiert hätten. Letztendlich ist es ja aber auch gar nicht der Sockel geworden – das Denkmal blieb beweglich und wird meines Wissen bis heute in der Stadtverwaltung auch noch so geführt.

Wer die Örtlichkeiten am Busbahnhof Radevormwald kennt dem mag schnell gewahr werden dass die Unterbringung der possierlichen Lok an dem Standort ein schwieriges Unterfangen ist, da der Busbahnhof nicht unbedingt über unbegrenztes Platzangebot verfügt. Schlussendlich wurde dort anstelle der 52 8086 ein Hauptsignal sowie ein Vorsignal aufgestellt, welche an die Zeit Radevormwalds zu Gedenken vermögen, als die kleine Kreisstadt am Rande des Oberbergischen Landes noch mit dem Zug erreichbar war.

Diese Erreichbarkeit war mit dem Bau der Wuppertalsperre Geschichte geworden, da die Talsperre die ehemalige Trasse überflutet hatte. Fortan war die Verbindung von Wuppertal-Rauental nach Radevormwald bereits in der kleinen Gemeinde Wilhelmstal, die sich um die dort ansässige Papierfabrik siedelte, zuende. Allerdings gründete sich bereits 1989 der Verein „Förderverein Wupperschiene e.V.“, der sich zum einen zum Ziel gesetzt hat den Rückbau der Strecke zu verhindern und zum anderen diese zu erhalten. Beides, das sei direkt erwähnt, wurde bis heute geschafft. 52 8086 übernimmt heute die Aufgabe ambitionierten lost-places Fotografen der Region ein lohnenswertes Motiv zu sein. Das ist nicht unbedingt eine Auszeichnung. Doch von vorne:

Empfang von 52 8086 in Schwelm

52 8086 wurde in Halle an der Saale optisch aufgearbeitet, wie es für ein Denkmal üblich ist. Schon aus Transportgründen ist die Rollfähigkeit der Lok natürlich sinnvoll und stellte auch kein Problem dar. Betriebsfähig ist sie trotz des optischen Zustands nach der Ausmusterung aber nie wieder gewesen. Außer durch ein paar alte Putzlumpen in der Rauchkammertür hat der Schornstein keinen Rauch mehr ausgespuckt.

Das erste mal begegnete uns 52 8086 zu früher Stunde am Haken von 140 402-9 in Schwelm.

Mit einem Nachschuss war die Szene am noch etwas wolkenverhangenen Morgen schon vorbei. Das Wetter sollte glücklicherweise noch besser werden. 140 402-9 zieht das Objekt der Begierde auf den noch von der vorherigen Nacht nassen Schienen über das Ferngleis vergleichsweise zügig zunächst weiter nach Wuppertal-Langerfeld.

52 8086 in Langerfeld

In Langerfeld gab es kurzen Aufenthalt im Bereich des Güterbahnhofs. Dieser war schon immer schwer zugänglich und teilweise von hohen Zäunen umgeben, und so recht traute man sich schon deshalb da auch nie hin. Also warteten wir am Ausgang des Güterbahnhofs, wo die Bergisch-Märkische-Strecke überquert wird. Der Vater überstieg das Geländer, der 13 jährige Sohn sollte es dem unter zittrigem Fingerzeig aber ja nicht nachtun. Hat er auch nicht, aber der Ironie waren sich in diesem Moment offenkundig beide bewusst. Nicht unbedingt vorbildlich gehandelt der Herr Vater, aber trotzdem irgendwie versucht seine erzieherische Pflichten mit seinem Hobby zu vereinen. Das ging mehr als einmal daneben.

Natürlich gab es auch hier einen Nachschuss, der schon durch das Motiv angezeigt ist. Langsam wird auch das Wetter besser. 140 402-9 zieht 52 8086 nun nach Oberbarmen auf die Gütergleise. Dort fand ein Lokwechsel statt.

212 288 übernimmt 52 8086 ab Oberbarmen

Da es hinter Oberbarmen Richtung Rauental (bis heute) nicht elektrifiziert weitergeht, übernimmt ab Wuppertal-Oberbarmen 212 288 die Lok für den weiteren Transport nach Dahlhausen-Wupper. Meines Wissens war dieser Tag auch das letzte Mal, dass Dahlhausen bzw. die gesamte Strecke hinter Wuppertal-Beyenburg noch mal eine V100 gesehen haben wird.

Für das dokumentarische Foto in Oberbarmen kam dankenswerterweise gerade noch 110 263-1 vorbei um das Foto noch etwas aufzuhübschen. Im Hintergrund sehen wir links zudem eine ganze Reihe DB-Stückgut Containerwaggons. Ganz alte Recken erzählen von waghalsigen Zeiten, derer man Stückgut am Bahnhof hat aufgeben können. Kaum zu glauben…

Von Rauental nach Dahlhausen-Wupper

Von nun an gibt also 212 288-5 den Ton an. Wir haben uns längst schon wieder in Rauental positioniert um die Lok am Ausgang des Rauentaler Tunnels im Gbf Rauental zu empfangen. Wie man dem vorherigen und dem nun folgenden Bild entnehmen kann, lag zu diesem Zeitpunkt in Oberbarmen und Rauental ganz schön viel Schotter auf Rungenwagen und in Schüttgutwaggons. Der Grund waren umfangreiche Sanierungen des Gleiskörpers der Strecke Wuppertal – Remscheid – Solingen zu dieser Zeit. Davon wird noch in einem anderen Artikel etwas zu erzählen sein.

Natürlich gibt es auch in Rauental einen Nachschuss. Aufgrund ungünstiger Gegenlichtverhältnisse ist eine Veröffentlichung aber wenig sinnvoll, da das Gespann aus 212 288-5 und 52 8086 im im Schatten absaufen. Die v100 zieht das Denkmal nun über die Bockmühler Brücke. Direkt dahinter beginnt die Wuppertalbahn, auf der das Gespann voran schleicht. Das hat den großen Vorteil, dass man an vielen Stellen zwecks Verfolgung halt machen kann. So entstand die erste Aufnahme bereits wenige 100m nach dem Abzeig in Oede.

Das Wetter wird besser. Wer mit der Örtlichkeit vertraut ist weiß, dass das auch dringend notwendig ist, schließlich ist das Tal der Wupper doch eher ein schattiges Plätzchen in diesem Bereich. Kemna ist unser nächster Fotostandort. Ein weiteres Bild von 212 288-5 ist verzichtbar, so wird der Ausgang der Kurve ausgelassen und wir schauen uns direkt den Nachschuss an. Dieses bietet auch zum ersten Mal einen Blick auf den schönen Wannentender der 52er.

Ein Vollpfosten-Foto gibt es noch vom Ausgang der wenige 100m langen Geraden. Hieran kann man gut erkennen wie langsam sich der Tross quietschend über die Gleise fortbewegte.

Ankunft in Beyenburg – erneutes Umsetzen

In Beyenburg wurde noch einmal umgesetzt. 212 288-5 setzte sich hinter 52 8086. Dazwischen wurde zudem noch ein Flachwagen gesetzt, den die ehemalige Barmag Werkslok, die zu dieser Zeit in Diensten des Vereins stand, aus Dahlhausen oder Dahlerau runter nach Beyenburg geholt hat. Die letzten paar Streckenkilometer sollte das Gespann nun von der V100 den Berg nach Dahlhausen hoch gedrückt werden.

Es gab soweit ich mich erinnern kann damals begründete Bedenken ob der Befahrung der damals maroden Eisenbahnbrücke in Radevormwald Vogelsmühle, weshalb ab Beyenburg eine gewisse Angespanntheit einsetzte und unmittelbar vor der Brücke alle Begleiter den Füherstand der Dampflok verlassen sollten. Außerdem, dieser Einwurf sei mir erlaubt, wirkte das ganze für mich kindlichen Geist ein wenig wie „Jugend forscht“ oder „Denn sie wissen nicht (so recht) was sie tun“. Lediglich der Lokführer verblieb auf der V100. Ob der Flachwagen nun als zusätzlicher Puffer zwischengespannt wurde weiß ich nicht mehr, jedenfalls ging es später im Schneckentempo über die Brücke, was mein Vater und ich von der Fußgängerbrücke in Vogelsmühle beobachteten. Ein entsprechendes Bild ist bereits weiter oben veröffentlicht.

Außerdem gab es dann ja auch noch die Fischbauchbrücke direkt hinter dem Bahnhof Wuppertal-Beyenburg, die zu dieser Zeit bereits unter der Verantwortung des Vereins stand, und deren Sanierung bereits nötig war. Die folgende Aufnahme kurz vor Remlingrade zeigt, dass die Fischbauchbrücke schon mal überquert werden konnte. Zu dem Zeitpunkt hat das geschäftige Treiben auch das erste mal Passanten neugierig gemacht.

Doch nochmal kurz zurück nach Beyenburg. Wem es noch nicht aufgefallen ist sollte folgendes Bild genauer studieren. 52 8086 kam mit einem relativ nackten Gestände nach Radevormwald. Außer der Kuppelstange sind alle weiteren Strangen demontiert.

Der Vorteil die Maschine ohne Steuerung zu transportieren ist, dass die Zylinder außer Betrieb gesetzt sind. Damit erspart man sich so manche Arbeit alleine für eine ausreichende Schmierung. Natürlich gehörte die gesamte Steuerung „zum Lieferumfang“ und wurde zu einem späteren Zeitpunkt noch angebracht. Gleiches gilt im Übrigen natürlich auch für die Lokschilder, die ebenfalls dem Besitz des Vereins überlassen wurden. Heute steht 52 8086 mit kompletter Steuerung im Bahnhof – die Lokschilder sowie die Loklaternen sind aus naheliegenden Gründen allerdings sicher verstaut und nicht an der Lok angebracht.

Ankunft in Radevormwald Dahlerau

Dahlerau ist der letzte Bahnhof vor Dahlhausen und vor allem der letzte Bahnhof vor der noch zu überquerenden Brücke in Vogelsmühle.

In meiner Erinnerung sticht Dahlerau hervor, da man hier doch einen gewissen Menschenauflauf verzeichnen konnte. Zuvor haben wir uns jedoch auf der Brücke zur Siedlung Neuland in Radevormwald positioniert und 212 288 hat die Lok pflichtbewusst und unter deutlichem Quietschen die Trasse hochgedrückt.

Es ist weit mehr als 30 Jahre, die diese Schienen nicht mehr eine Lok dieser Größe gesehen haben, und das haben sie auch lautstark kund getan. Doch Radius bleibt Radius und letztendlich war es kein Problem für die V100. Außerdem zeigte sich schon einige Male zuvor, dass der Grünschnitt der Strecke nicht mehr für Loks dieses Kalibers ausgelegt war. Es sammelte sich immer wieder allerhand Grünzeug an und auf der Lok.

52 8086 kam sicher und wohlbehalten in Dahlerau an.

Wie man dem Artikelbild entnehmen kann wurde auch die Brücke in Vogelsmühle gemeistert. So steht 52 8086 seit jenem September 1994 in Dahlhausen-Wupper und wartet auf besseres Wetter oder einen solventen Gönner, der sich der Maschine mit lebhafter Vergangenheit annehmen möchte. Der Verein, das war in der Vergangenheit so und wird sich auch in Zukunft wohl kaum ändern, verfügt nicht über die notwendigen Mittel für eine Instandsetzung.


Aus 52 2295 wird 52 8086

Bei der nun im Bahnhof Dahlhausen-Wupper auf den Erweckungskuss (der einige 100.000€ teuer wird) wartenden Lok handelt es sich ursprünglich um die 52 2295, die von Henschel und Sohn aus Kassel im Jahr 1943 gebaut und der Deutschen Reichsbahn übergeben wurde. Sie ist eine von über 7000 Maschinen ihrer Bauart und gilt als die bekannteste Kriegslokomotive überhaupt. Bei den gefertigten Stückzahlen ist dies auch kein Wunder. Zum Vergleich: Von der in diesem Artikel ebenfalls vorkommenden E40, die seit den späten Fünfziger Jahren als Einheitsgüterzuglokomotive das alltägliche Bild der Deutschen Bundesbahn geprägt hat, sind „gerade einmal“ gut 900 Maschinen gebaut worden.

Am Rande sei bemerkt, dass die Planung den Bau von insgesamt 15.000 52er vorsah. Die Baureihe 52 hat aber nicht nur das negative Image einer Kriegslok, denn auch für den Wiederaufbau Europas war die 52er ein unerlässliches Zugpferd in vielen ehemals von Deutschen besetzten Gebieten sowie in Deutschland selbst.

52 2295 wurde 1963 zur 52 8086 als sie durch das RAW Stendal eine umfangreiche Rekonstruktion erfahren hat. Sie ist daher eine klassische Reko 52. Der Umbau machte die Maschine nicht nur 5 Tonnen schwerer, sondern sorgte auch dafür dass die nun für die folgenden Jahre gerüstet war. Ihre Hauptstandorte waren Stendal, Röblingen, und Wustermark. Ausgemustert wurde sie erst im Jahr 1987.

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Kartenansicht

Die Kartenansicht enthält alle Bilder, zu denen Standorte bekannt oder rekonstruierbar sind. Da es sich um historische Aufnahmen handelt, sind dies natürlich Näherungswerte und nicht auf den Meter genau.

5 Kommentare

  • Rudolf Schlöpker schrieb
    | » Antworten

    Die 52 8086 hatte damals Uwe Cieslak (+) aus Remscheid besorgt.

  • Gregor Hemmert schrieb
    | » Antworten

    Der Kaffee kommt.
    Im Moment keine Masse.
    Tolle Seite, komme wieder.

    LG Gregor

  • Thomas Gerdes schrieb
    | » Antworten

    Hallo Posten 17
    Erst einmal vielen Dank für diese Internetseite.
    Ich komme aus Hemer und kenne so ziemlich alle vorgestellten Strecken aus eigenem Erleben.
    Nun was zur 52. Ich persönlich finde das diese ganzen Ostloks in den Osten gehören.
    Alle schönen West Dampfloks sind entweder nicht betriebsfähig oder fahren in Holland.
    Eine Dampflokomotive um ihrer Willen aufzustellen,nach dem Motto, Hauptsache ich habe eine kann es doch nicht sein
    Mit besten Grüßen
    Thomas Gerdes

    • Hallo Thomas,

      ich glaube 1994 konnte so keiner wirklich was mit der Lok anfangen. Weder die Stadt Radevormwald, noch das Museum.
      Mittlerweile ist ja wieder Bewegung in die Lok gekommen, im Wahrsten Sinne des Wortes.

      Schöne Grüße,
      Armin


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