Duisburg-Wedau im Juli 1973

Rangierbetrieb mit Dampf und Diesel

Bilder wie diese sind eine besondere Freude. Und das hat vor allem erstmal technische Gründe: Die Dias der Serie von Duisburg-Wedau, die mein Vater im Juli 1973 angefertigt hat, zeigen sich auch noch nach über 40 Jahren von exzellenter Qualität.

Und sie hielten ihre Qualität, obwohl sie genau so gelagert worden sind wie alle anderen Dias auch. Und während auch manch wertvolle Aufnahme im Blau versinkt, hält dieser Fujifilm standhaft gegen die Zeit. Schade dass nicht das gesamte Archiv diese Qualität besitzt. Schön dass Wedau so gut erhalten ist! Mein Vater hat für diese Bilderserie kurz Stellung bezogen auf der Wedauer-Brücke, die zu beiden Seiten hin den Blick auf das damals noch wuselige Treiben der Deutschen Bundesbahn freigab.

Von der Brücke hat man den idealen Blick in die Weiten des Bahngeschehens. Das betrifft weniger den Bahnhof selbst, der eigentlich nur eine Nebenrolle spielt, sondern viel mehr den Betrieb durch das Bahnbetriebswerk BW Duisburg-Wedau und nicht zuletzt den Rangierbahnhof Duisburg-Wedau. Sie sorgten dafür dass es auch am Bahnhof Wedau allerhand zu sehen gab. Alle Herrlichkeit hat bereits seit Jahren ein Ende gefunden. Zu allen Teilen wird es hier noch Artikel geben – dieser bietet nur einen kurz umherschweifenden Blick von der Brücke am Bahnhof.

Widmen wir uns zunächst 50 2183 bzw. 052 183-1, die mein Vater im Bahnhof erwischte. Auf dem ersten Bild sehen wir sie, wie sie mit vier Umbauwagen den Bahnhof Richtung Norden gerade verlässt. Die Möglichkeiten, die der Zug nun einschlagen kann sind vielfältig.

Hierzu noch ein Bild, welches eine ganz ähnliche Szene zeigt, allerdings einige Momente zuvor, bevor der Bahnsteig an Gleis 1 „geleert“ wurde. Irgendein Zug musste wohl noch vorgelassen werden.

Nicht auf dem Bild zu sehen ist die damals natürlich noch existierende Fußgängerbrücke vom ebenfalls auf dem Bild nicht zu sehenden Bahnhofsgebäude. Während der Ausfahrt machte mein Vater ein weiteres Foto, welches 50 2183 neben dem Fußgängerbrücke zeigt:

Die Fassade der Fußgängerbrücke gibt Zeugnis davon ab wohin sie gebaut wurde. Die Lok sehen wir auf der Aufnahme erstmals nah in der Seitenansicht, auch sie sah sicherlich schon einmal besser aus. Aber Schönheitspreise gab es gegen Ende der Dampflokzeit wohl ohnehin nicht mehr zu gewinnen, und schöne Augen musste sie auch keinem mehr machen. Und so wurde sie nur ein Jahr später auch in Wedau am 08.09.1974 ausgemustert. Zum Zeitpunkt des Bildes war der Tender mit 8t Kohle aber voll gefüllt und die Reise konnte beginnen. Mein Vater machte noch einen Nachschuss auf der anderen Seite der Wedauer-Brücke.

Sie verlässt ihr Gleis über die Weiche auf das Außengleis. Ein letzter Nachschuss zeigt die letzte Aufnahme, die mein Vater vor ihrer Ausmusterung angefertigt hat. Links im Bild schleicht sich gerade eine V160 an.

Der Zug, den mein Vater an diesem Tag so detailliert abgelichtet hat, hat jedoch keine weite Reise vor sich. Es handelt sich um den damals verkehrenden Werkspersonenzug 2689. Dieser hatte die Aufgabe die Werkstätigen, die im ehemaligen Aw Recklinghausen ihren Dienst taten, und in Folge der Schließung ihren Arbeitsplatz nach Wedau verlegen mussten, zur Arbeit bzw. zurück zum Wohnort zu bringen. Ein Sozialplan, der heute wohl kaum noch vorstellbar ist. Die Zuggarnitur ist typisch für diesen Zug, welcher es sogar ins Kursbuch schaffte und bis Gelsenkirchen sowie ab Wanne-Eickel auch für den öffentlichen Personenverkehr freigegeben war. Damit ist auch das Ziel von 50 2183 klar: Es ging einmal quer durch das Ruhrgebiet über Mülheim-Speldorf nach Essen und von dort über Gelsenkirchen und Wanne-Eickel nach Recklinghausen.

Rangierbetrieb und Güterzugverkehr

Es brauchte nur eine kleine Drehung auf der Brücke, und einem bot sich folgender Anblick. Wir sehen 216 222-0 im Vordergrund, wie sie einen Güterzug durch Wedau zieht. Im Hintergrund steht noch ein 50er mit Kabinentender. So gerade nicht auf das Bild geschafft hat es der prägnante Wasserturm. Er ist wie die Sperrsignale allerdings noch heute vorhanden und steht überdies unter Denmalschutz. Das ist aber leider noch kein Wert für sich, denn er verkommt wie das ganze Areal immer mehr.

Den Blick wieder Richtung Bahnhof gerichtet kommt eine weitere V160 mit Güterzug die Strecke hinauf. Die Loknummer ist leider nicht identifizierbar.

Doch kommen wir zurück zur 50er, die sich heimlich hinter den auch auf dem oberen Bild zu sehenden Schüttgutwaggons durchschmuggeln wollte. Auf der westlichen Seite der Brücke sind die Gütergleise, und man konnte zu der Zeit dem Treiben sehr schön zuschauen. In loser Abfolge folgen nun ein paar Bilder des Rangierbetriebs. Den Anfang macht 50 3075, die heute im Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen einen Platz im Lokschuppen gefunden hat. Im Hintergrund sehen wir zudem noch 216 22-2, welche zwei Bilder zuvor von der anderen Seite der Brücke abgelichtete wurde. Die hat mittlerweile die Brücke unterquert.

Und wieder müssen wir die Straßenseite wechseln, denn von der anderen Seite, wieder Blickrichtung Bahnhof, gibt 50 2404 ihr Stelldichein. Sie steht heute in Gelsenkirchen-Bismarck.

Sich ebenfalls blicken lässt sich 051 235-0. Sie gehörte zum Zeitpunkt der Aufnahme noch zum BW Oberhausen-Osterfeld, wurde später aber auch Wedau unterstellt. Sie zieht gerade einen Kalkzug durch Wedau. Tender voraus können wir ihr schön in den Kabinentender schauen. Die Originalaufnahme ist im Hochkantformat.

Und wo wir gerade bei Hochkantaufnahmen sind bietet sich die Gelegenheit ein weiteres Hochkantbild anzubieten. Nach den vielen Dampfloks folgt nun wieder eine Diesellok. Wir sehen die V90 290 042-1 ebenfalls mit einem Kalkzug die Wedauer Brücke passieren. Allerdings ändern wir mal wieder die Blickrichtung bzw. Straßenseite Richtung Norden.

Vielleicht ist nun die Gelegenheit einmal die Dimension zu verdeutlichen. Auf dem vorletzten Bild mit 50 0424 sehen wir am rechten Rand zahlreiche Schüttgutwaggons. Bei dem Bild mit der V90 sind diese Waggons oben rechts im Bild zu sehen. Die Wedauer-Brücke befindet sich am nördlichen Ende des Areals und überspannt es auf einer Länge von gut 200m.

In guten Zeiten führen weit über 20 Gleise unter der Brücke her, wobei in der Mitte des Areals die Durchgangsgleise der Nord-Süd-Achse waren. Auf einem dieser Gleise fährt gerade 290 042-1. Und dabei war die Wedauer-Brücke am oberen Ende eigentlich noch ungünstig gelegen. In Höhe Blissingheim käme man auf über 60 Gleise die man hätte überqueren müssen.

Es fällt nicht schwer zu erahnen dass Wedau ein Mekka für Eisenbahner war, einfach weil hier mehr los war, als man mal eben auf Film packen konnte.

Gleispläne von Wedau finden sich unter anderem auf der Website von Jörg Baumann.

Widmen wir uns wieder dem Fotomaterial meines Vaters. 50 2702 kommt von Norden mit einer deutlichen Rauchbildung durch Wedau. Mein Vater hielt sie auf beiden Seiten der Brücke fest. Zunächst von Norden kommend:

Um dann durch den Ranghierbahnhof hindurch das Areal Richtung Ratingen-Lintorf zu verschwinden. Bei beiden Aufnahmen handelt es sich eigentlich um Hochkant-Aufnahmen. Auf dem folgenden Bild sehen wir zum ersten mal den vorderen Wasserturm. Wirkt das Ensemble am Nordberg, bestehend aus Wassertum, Dienstgebäude und Stellwerk auf der rechten Seite vor der grünen Kulisse nicht wie ein Eisenbahn-Märchenschloss?

Beschließen möchte ich die Serie mit einem letzten Hochkant-Bild. Wer den Artikel bislang aufmerksam gelesen hat könnte nämlich meinen in Wedau wären ausschließlich 50er unterwegs gewesen. Dass dem nicht so war beweist das letzte Foto. Es zeigt die kohlegefeuerte 44 339. Die Lok von Borsig aus Henningsdorf war war bis zu ihrer Ausmusterung im BW Gelsenkirchen-Bismarck beheimatet.

Duisburg Wedau, das hatte einen klingenden Namen für alle Eisenbahnfans. Ein Konglomerat aus unzähligen Gleisen, die die verschiedenen Diensteinrichtungen bedienten, erzeugte ein geschäftiges Treiben. Wedau zeigte noch zur Dampflokzeit seine zentrale Bedeutung in der Nord-Süd-Magistrale und von der Wedauer Brücke bot sich dem geneigten Zuschauer ein guter Überblick was alles – und vor allem womit – befördert wurde.

Ich hoffe mit diesem kurzen Abriss vom Juli 1973, bei der mein Vater das Treiben von der Wedauer-Brücke dokumentierte, einen Einblick gegeben zu haben. Mich macht das wehmütig, da ich selbst Wedau nur als Brache kenne.

Super 8 Videoaufnahmen aus Duisburg-Wedau

Verglichen damit, dass anderen Orten ganze Filmspulen Material gegönnt wurde, ist die Ausbeute aus Wedau vom Juli 1973 mit 0:37min oder besser 37 Sekunden nicht gerade üppig. Dennoch gehört es der Vollständigkeit halber natürlich auch veröffentlicht:

Kurzer Abstecher ins Bw Duisburg-Wedau

Man ließ es sich nicht nehmen auch noch dem Bw einen Besuch abzustatten. Zwei Aufnahmen, die nicht unbedingt von fotografischer Finesse zeugen, dokumentieren den Besuch. Zum einen sehen wir 50 003, die wir weiter oben schon auf freier Strecke sahen, nun von Nahem. Die 1938 als klassische Kriegslok gebaute 50er mit Kabinentender überlebte in Wedau bis August 1976.

Die letzte Aufnahme aus dem Bw Duisburg Wedau zegit 052 497-5. Im Hintergrund sehen wir die Oberleitung der Hauptstrecke.

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Kartenansicht

Die Kartenansicht enthält alle Bilder, zu denen Standorte bekannt oder rekonstruierbar sind. Da es sich um historische Aufnahmen handelt, sind dies natürlich Näherungswerte und nicht auf den Meter genau.

3 Kommentare

  • Schöne Bilder von 50er in normalem Bahnbetrieb. So etwas sieht man heutzutage nicht mehr, deshalb freuen mich solche Videos auch sehr.
    Also eine Aufruf an alle: spende bitte, damit wir mehr von diese Art Videos bekommen. Meine Name steht schon am Anfang des Videos, sah ich soeben 🙂

    Reinout

  • Werner Häußner schrieb
    | » Antworten

    Nur ein kleiner Hinweis: 50 003 wurde damals noch nicht in der vereinfachten Kriegslok-Version gebaut. Den Kabinentender erhielt sie wie eine Reihe ihrer Schwestermaschinen erst bei der DB. Ich war leider nur ein Mal im BW DU-Wedau, wollte dort die 55er sehen, die aber leider schon alle z-gestellt waren.

  • Moin,
    ich habe eine Ergänzung zum P mit Baureihe 50 und Umbaudreiachser in Wedau: Es handelt sich um den Nachmittags-Arbeiterzug für Mitarbeiter des AW Wedau nach Recklinghausen Hbf. Der Zug war für den öffentlichen Verkehr freigegeben und stand auch im Kursbuch.
    Die Leistung nach Wedau erfolgte sehr früh morgens ab Marl-Sinsen. Dafür wurde extra ein Behelfsbahnsteig zusammengezimmert.

    Gruß
    Jürgen


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