Es bereitet gewisse Mühe diesen Artikel ansprechend zu gestalten, da die Hauptdarsteller des Artikels, die Bilder, nicht gerade vor Freundlichkeit triefen. Das liegt zum einen am durchaus an Euphorie überschaubarem Wetter. Zum anderen sieht man neben der in den 90ern trefflich heruntergekommenen und im Wildwuchs befindlichen Hauptstrecke Wuppertal-Remscheid-Solingen zwei Nebenstrecken, deren Ende zum Zeitpunkt der Aufnahmen praktisch besiegelt ist.
Um ein Beispiel der Wetterbedingungen zu zeigen, mit denen sich der Fotograf herumschlagen musste:
Solange die Gleise noch lagen und befahrbar waren, also noch keine offizielle Stilllegung der Strecke vorlag – der Startschuß für die Expansion des heimischen Birkenwalds also noch ausstand – wurden sie gerne von engagierten Leuten der Region für Sonderfahrten herangezogen. Am ersten Wochenende des Septembers 1994 war wieder so ein Wochenende. Ganze viermal wurde je von Solingen Hbf hoch nach Solingen-Wald gefahren, sowie von Remscheid-Lennep nach Wipperfürth. Wir waren mit der Kamera unterwegs um dieses Ereignis festzuhalten. 24 Dias wurden dabei auf AGFA EXCL CT 100i und FUJICHROME Sensia 400 festgehalten, wovon eine hoffentlich aussagekräftige Auswahl wie immer hier veröffentlicht und der Allgemeinheit zur Verwendung freigegeben wird.
Bei Artikeln wie diesen bemerke ich dann auch selbst ganz gerne dass objektiv betrachtet schon wieder viel Wasser den Rhein herunter gelaufen ist. Dass diese Sonderfahrt schon wieder über 20 Jahre her ist, ist für mich kaum zu glauben. Streift man allerdings durch die Orte, die auf den Bildern zu sehen sind, wird das sehr schnell doch überdeutlich. Nichts mehr ist heute auch nur im Ansatz so wie es Mitte der 90er noch war. Ganze Strecken gibt es nicht mehr, Bahnhofsgebäude sind abgerissen und Bahnhöfe bis zum Minimum reduziert zurückgebaut. 1994 war ein Jahr des Umbruchs für die Bergische Strecke, denn die V100 trat ihren Rückzug an und übergab dem Triebwagen das Feld. Damit ist tatsächlich viel Herrlichkeit verloren gegangen, wenngleich man der V100 zu Betriebszeiten nicht allzu viel Bedeutung beimaß. 1994 war auch das Jahr, in dem man den 628 noch gänzlich ohne Graffiti erwischen konnte.
Obiges Bild offenbart auch einen kleinen Blick auf das alte Stellwerk „Lnw“. Wo wohl die ganzen Schilder abgeblieben gelandet sind die alleine in Lennep überflüssig wurden? Das Lnw (Lennep Nord-West) ist natürlich längst Geschichte wie der Bahnhof selbst. Übrig geblieben ist noch ein bedarfsgerechter Haltepunkt.
Bahnhof Solingen Wald
Einer der beiden Endpunkte des Sonderverkehr-Pendels, wenn man so will, war Bf. Solingen-Wald. Schon seit den 40er Jahren fährt hier planmäßig kein Personenzug mehr über die Korkenzieherbahn, deren Namensherkunft wohl kaum näher erklärt werden muss und dessen Streckenverlauf kaum prägnanter ausgedrückt werden kann. Sie verband in ihrem Urspung Solingen Ohligs, welches seit 2006 Solingen Hbf heißt, mit Wuppertal Vohwinkel. Da die Strecke zeitlich vor der heutigen Verbindung Solingen – Remscheid gebaut wurde, gehört auch das letzte Teilstück vom alten Solinger Hbf bis Ohligs im Grunde noch zur Strecke der Korkenzieherbahn.
Solingen-Wald verfügte wie viele Bahnhöfe der Strecke über ein Bahnhofsgebäude, welches ihm seit mindestens der Nachkriegszeit dienstgradmäßig gar nicht mehr zustand. Viel mehr war es, ebenso wie viele andere Bahnhöfe, eine Erinnerung an eine andere Zeit, als man auch auf der Nebenbahn das Bahnhofsgebäude als Tor zur Stadt verstand und entsprechend dimensionierte. Ausnahmen bestätigen auch hier natürlich die Regel.
In Solingen-Wald war aber auch der Güterverkehr, wenngleich wie auf dem nächsten und vorherigen Foto einige gedeckte Güterwaggons am Ladegleis entdecken können, auf dem absteigenden Ast. Die schon lange zur Stichstrecke verkommene Verbindung sollte wie andere Stumpfstrecken in der Region auch zum Jahreswechsel 1995/1996 Geschichte sein.
Von Solingen Wald ging es dann wieder zurück nach Solingen Hauptbahnhof. Das Ankommen der Sonderleistung sehen wir auf der nächsten Aufnahme.
Und genauso wie andere Strecken in der Region ist auch die Trasse um Solingen-Wald nach Hauptbahnhof heute ein Fahrradweg, bekannt als Korkenziehertrase. Das bringt uns direkt bis fast zum anderen Ende dieser Sonderfahrt.
Bahnhof Hückeswagen
Bis Wipperfürth haben es die fotografischen Bemühungen meines Vaters in Zeiten der Sonderfahrten selten gebracht. Zu weit war der Trampel dahin und zu schnell war der Sonderzug wieder weg. Eine Verfolgung war damit schwer möglich. So war regelmäßiger Endpunkt der Oberbergischen Strecke der Bahnhof Hückeswagen bzw. der dahinter gelegene Bahnübergang an der Bevertalstraße, die ihren Namen der in der Nähe befindlichen Bevertalsperre entlieh, die im Volksmund kurz „Bever“ genannt wird und vor allem in den Sommermonaten ein beliebtes Nahrerholungsziel darstellt. In chronologischer Reihenfolge positionierten wir uns zunächst an jenem Bahnübergang. Der Triebwagen hat dort bereits einiges an Geschwindigkeit erreicht und das wenig einladend Bergische Wetter macht es durch das nicht vorhandene Licht dem Fotografen schwer eine scharfe Aufnahme anzufertigen.
Doch kommen wir nun zum Bahnhof Hückeswagen. Dieser hatte auch schon deutlich bessere Tage gesehen und auch hier sollte Ende des Jahres 1995 endgültig Schluss sein. Der Personenverkehr war ohnehin längst Geschichte und auch der noch sporadische Güterverkehr bis Wipperfürth wurde mit der Stilllegung zum 31.12.1995 endgültig eingestellt.
Heute ist der Bereich rund um den Bahnhof Hückeswagen nicht wieder zu erkennen. Die Gleise sind bis auf wenige „Denkmalmeter“ vollständig entfernt. Vom Bahnhofsgebäude, dessen prägnante Spitze auf den Bildern leider hinter dem Baumwuchs fast verschwindet, ist ebenfalls nichts mehr übrig. Der gesamte Bereich ist vollkommen neu gestaltet worden und lediglich der Radweg ins von Remscheid-Lennep ins Oberbergische (wenn man nach Bergisch Born Richtung Hückeswagen abknickt) vermag daran zu erinnern dass hier einst mit dem Zug das Oberbergische Land bereist werden konnte. Liebevoll werden immer weitere Devotionalien der Eisenbahn an der Trasse aufgestellt, damit das nicht in Vergessenheit gerät.
Von Hückeswagen aus geht es dann die Steigung hinauf bis nach Remscheid-Lennep, wo wir im oberen Teil schon bereits zwei Bilder gesehen haben. Auch das Artikelbild selbst ist in Lennep entstanden.
Bahnhof Remscheid Hbf
Noch kein Bild gesehen haben wir von Remscheid Hbf. Über 100 Jahre stand der Bahnhof im Schatten von Lennep. Heute hat sich das Blatt gewandelt, gibt es doch am Hauptbahnhof noch immer Güterverkehr. Dennoch ist auch der Hauptbahnhof deutlich geschrumpft. Bis 2006 sollte es allerdings noch dauern, bis auch dieser Bahnhof komplett umgebaut, d.h. bedarfsgerecht zurück gebaut werden sollte. Vom alten Ostbahnhof ist schon zu dieser Zeit nicht mehr mehr viel vorhanden. Das Bahnhofsgebäude sowie die prägnante, überdachte Fußgängerbrücke zu den Gleisen 2 und 3 verschwanden im Rahmen des Umbaus. Der Bahnsteig hingegen ist geblieben, wobei das eigentliche heutige Gleis 1 das hier zu sehende Gleise 2 darstellt. Gleis 3 auf denen der Sonderzug steht, ist das eigentliche heutige Gleis 2. Tatsächlich wurden die Gleisnummern beibehalten wodurch der Hauptbahnhof in Remscheid heute kein Gleis 1 mehr hat.
Das Gleis 3 stand in der Regel exklusiv dem „Düsseldorfer“ zur Verfügung. Von dort ging es ohne Umsteigen bis zum Fahrplanwechsel 1994/1995 zu Stoßzeiten mit V100 und drei Silberlingen bis in die Landeshauptstadt.
Der Eisenbahn-Amateur-Klub Jülich
Das Kürzel EAKJ sollte ich in meiner Kindheit und Jungend häufiger antreffen und es wird auch nicht der einzige Artikel hier bleiben, der sich mit Sonderfahrten des Eisenbahn-Amateur-Klub Jülich auseinandersetzt. Was das Kürzel EAKJ hingegen zu bedeuten hatte sollte ich erst viele Jahre später erfahren, genauer zu Beginn 2017 als mir die ersten Dias der prägnanten Schienenbusse in die Hände fielen und ich mich an das Kürzel erinnerte. Im Rahmen dieser Website begab ich mich natürlich auf die Spurensuche und fand die an Ausführlichkeit kaum Wünsche offen lassende Website des Klubs vor:
Der Website des Clubs ist zu entnehmen, dass die Anfänge des Clubs weit zurück liegen, in einer Zeit, als zumindest an ausgewählten Punkten die Dampflok noch im Plandienst war: 1976. Im Januar 1977 wurde man im alten Jülicher Bahnhof ansässig und begann mit dem Bau einer Modellanlage in Spur H0. Bereits drei Jahre später fuhr der erste eigene Sonderzug mit eigener Lok und Schienenbusgarnitur. In der Folge sollte damit auch ich mehrfach Berührungspunkte mit dem EAKJ haben.
Interessensgemeinschaft Bergische Bahnen e.V.
Der Interessensgemeinschaft Bergische Bahnen e.V., jahrelang Zuhause im alten Bahnhof Remscheid-Lennep, habe ich eigentlich ziemlich viel zu verdanken was die Eisenbahn angeht. Vor allem hat der Verein nämlich dafür gesorgt, dass die nach und nach einschlafende Strecke von Wuppertal über Remscheid nach Solingen mehr sieht als die ewige V100 mit drei Silberlingen.
Allen voran die Sonderfahrten mit 41 241 sowie 41 360 sind wach im Gedächtnis geblieben, waren sie doch schon in früher Kindheit immer fest im inneren Kalender notiert: Das Wochenende um den Nikolaustag war Dampflokwochenende und mit den 41ern wurde man auch hinreichend verwöhnt. Es gab Jahre, da war die 41 auf Bergischer Runde überhaupt die einzige „große Kiste“ des Jahres, da man sich ansonsten mangels Alternativen im erreichbaren Raum auf Schmalspuraktivitäten beschränkte, oder eben auf eine Schienenbusgarnitur wie in diesem Artikel dargestellt. Sie wurde ebenfalls von der Interessensgemeinschaft Bergische Bahnen e.V. beauftragt.
Den Verein gibt es heute genau wenig noch wie die in diesem Artikel behandelten Stichstrecken. Immer wieder gab es Bemühungen der Interessensgemeinschaft Bergische Bahnen die Trasse von Lennep nach Bergisch-Born und darüber hinaus zu kaufen und zu erhalten, wie es der Verein Wupperschiene e.V. mit der Wuppertalbahn vorgemacht hat. Doch daraus wurde bekanntlich nichts. Der Verein hat sich um die Jahrtausendwende ausgelöst (hat jemand nähere Informationen?) und ging in Teilen in die Wupperschiene über, der fortan Bergische Bahnen Förderverein Wupperschiene e.V. heißt.
2 Kommentare
| »
Hallo Herr Gerhardts,
Ihre im Zusammenhang mit dem Bild „795 und 628 in Rs-Lennep mit Stellwerk ‚Lnw'“aufgeworfene Frage, wo all die Schilder abgeblieben sind, ist schnell beantwortet:
Im Zuge des Abrisses der Stellwerke entlang der Remscheider Strecke haben sich die Eisenbahnfreunde Remscheid diverse Schilder gesichert, die jetzt stilecht im Vereinsheim in der ehemaligen Bahnhofskneipe in Rs-Lüttringhausen hängen. Im Remscheider Hbf ist es zudem das Schild, das am im Jahr 2005 abgerissenen Bahnhofsgebäude hing. Auch das Schild „Lnw“ ist im Ursprungszustand vorhanden. Außerdem hängt bei mir im Keller im Wuppertaler Exil das Schild „Remscheid-Lennep“, das seinerzeit am Fahrdienstleiterstellwerk „L“ angebracht war.
Alle Schilder wurden unmittelbar während des Abrisses in Absprache mit den beauftragten Abrissunternehmen geborgen. In meinem Fall haben die Mitarbeiter sogar das Schild für mich demontiert, da der von mir angesprochene Bauleiter nicht wollte, dass ich die Baustelle betrete, da ich nur Sicherheitsschuhe an, aber keinen Schutzhelm dabei hatte.
Damit dürfte die Frage beantwortet sein.
Weiterhin gutes Gelingen für die schön gemachte Seite, vielleicht finden Sie nochmal die Zeit, um neue Inhalte hochzuladen.
Freundliche Grüße aus Wuppertal-Heubruch an der Nordbahntrasse
Klaus
Hallo Klaus,
die Frage nach dem Verbleib der Schilder und anderen Devotionalien war eigentlich eher rhetorischer Natur. Auch hier liegt noch so manches Schild, Signalflügel und ähnliches aus Lennep. 😉
Was das Hochladen neuer Inhalte angeht kann ich Sie beruhigen. Ich bin sozusagen gerade dabei das gescannte Material des vergangenes Jahres aufzubereiten.
Schöne Grüße aus Remscheid,
Armin
Ich habe alles gegeben, jetzt bist Du am Zug!
Hast Du einen Fehler gefunden, eine Ergänzung oder möchtest Du einfach in Erinnerungen schwelgen und sie teilen? Teile sie mit!